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Bericht Modul II, Wuppertal, 22./23. April 2005

Das 2. Modul begann mit einer kurzen, kompakten Einführung in den zentralen Begriff des Projektes: Medienkompetenz.
Der Vortrag skizzierte das Zusammenspiel von medial vermittelten gesellschaftlichen Interessen, Technik und Voreinstellungen der Medienrezipienten. Wir definierten Medienkompetenz als
  • Fähigkeit des Individuums, sich per Abstraktion aus diesem Wirkungszusammenhang zu lösen,
  • die Interessen zu erkennen,
  • zu fragen, ob diese Interessen mit den eigenen übereinstimmen und
  • aus der Antwort handlungsrelevante Schlussfolgerungen zu ziehen.
Medienkompetenz wurde in diesem Zusammenhang nicht-technisch definiert.

Danach folgte eine Sichtung ausgewählter Medien: Klassische und moderne Filme für Kinder aus Video und TV.
Zunächst wurden Ausschnitte verschiedener Filme gezeigt, um auf bestimmte Fragestellungen mit Praxisbeispielen eingehen zu können.

  • Winnie Poo
    Schon in diesem Film, der ja für die jüngsten Fernsehkonsumenten gedacht ist, gibt es eindeutige Charaktere: den debilen Poo, den depressiven I-Ah, den ordnungsliebenden Rabbitt, das zu gutmütige Piglet... Diese Figuren entfalten eine für kleine Kinder höchst spannende Dramaturgie. Das Böse, Gefährliche taucht in Form von Naturgewalten (Sturm, Überschwemmung) auf. Bemerkenswert sind auch die beiden Perspektivwechsel zu Beginn des Films. Zunächst wird ein typisches amerikanisches Kinderzimmer der 50'er Jahre abgefilmt, kein Zeichentrick. Dann schwenkt die Kamera auf ein geöffnetes Buch. Dann erst beginnen die Illustrationen im Buch zu leben. So vielleicht ist der -nicht nur- kindliche Übergang zwischen Realität und Fantasie zu verdeutlichen.
  • Barbie und der Nußknacker
    Ist der Film gut oder schlecht für Kinder? Ein gutes Beispiel, wie differenziert Antworten sein können und müssen. Die Musik, Tschaikowsky, gespielt vom London Synphonic Orchestra, würde kein bürgerlich orientiertes Elternteil ablehnen können. Auch die Geschichte von E.T.A. Hoffmann findet in bildungsnahen Familien sicher Unterstützung.
    Zu den Tanzszenen: Das New York City Ballett wurde abgefilmt und die Bilder zur Verfremdung durch einen Computer gejagt. Die Orginal-Bewegungsabläufe einer anspruchsvollen Tanzaufführung mit den ästethischen Mitteln von Barbie. Hier beginnt das weite Feld subjektiver Wertung. Manches ist eben Geschmackssache.
  • Micky liebt Minnie
    Ein Beispiel aus der Kindheit einiger Teilnehmerinnen. Disney hat in den frühen Produktionen die Magie des Dramas eines William Shakespears, eines Ephrahim Lessings für Kinder urbar gemacht. Die Charaktere ändern während der Geschichte ihren Charakter, wachsen quasi mit ihren Herausforderungen. In der Literatur nennt man so etwas Entwicklungsroman. Durch Identifikation gelingt den Kindern soziales lernen.

Im Anschluss gab es noch ein Medley verschiedener Kinderserien aus dem Vormittagsprogramm von Super RTL und KIKA. Sesamstrasse, Bob der Baumeister, Kleine Planeten, Der Bär im großen blauen Haus ... Hier waren die Teilnehmerinnen gefragt, zu bewerten.
Das Ergebnis: sehr subjektive Präferenzen. Bing und Bong sind nicht so gut weggekommen.

Der Samstag begann mit einem Kurzvortrag zur Medienrezeption von Kindern. Die Ausführungen stützten sich auf die Broschüre "Geflimmer im Zimmer", die vom Bundesministerium für Familie, Jugend, Senioren und Frauen herausgegeben wird. Diese Broschüre ist gleichermaßen für Erzieherinnen/Pädagogen und Eltern geeignet. Der Kurvortrag referierte die Entwicklung des Medienrezeptionsverhaltens von Kindern in verschiedenen Altersstufen und skizzierte die "Angstmacher" in Kindermedien.

Danach folgte ein Rollenspiel zum Thema "Kritische Alltagssituation - Eltern kontra Kind/er", Oberthema: Kind will Medienkonsum - Eltern wollen etwas
Anderes.
Das Rollenspiel war ursprünglich so angelegt, dass die Teilnehmerinnen den agierenden Figuren während des Spielverlaufes Regieanweisungen geben und so den Spielverlauf mitgestalten sollten.
Dank der unerwarteten Dynamik der Handlung und der überzeugenden Darstellerinnen funktionierte dies nicht wie geplant, weshalb das Rollenspiel mit einem zweiten, diesmal veränderten Ausgangssetting noch einmal aufgelegt wurde.
Deutlich wurde, dass alle Interessen der Familienmitglieder für sich genommen legitim (Vater will Ruhe und sich nicht um die Kinder kümmern, Mutter will Beziehung zum Vater und zu den Kindern und die Kinder wollen TV-Konsum) und in der Realität nur schwer "unter einen Hut" zu bringen sind.
Deshalb glitt die Situation den Eltern im 1. Durchlauf völlig aus der Hand. Jeder forderte sein Recht und konnte nicht auf den anderen eingehen. Es wurde nicht sachbezogen argumentiert. Im 2. Spiel zeigte sich, dass die Eltern erfolgreich agieren, wenn sie mit "einer Stimme" sprechen und sich untereinander nicht ausspielen lassen.
Das Rollenspiel wurde als unterhaltsame, lustige und dennoch erkenntnisstarke Methode für Elternabende vorgeschlagen, mit dem Reflektionsprozesse der Eltern über die Interaktionsprozesse in ihren Familien angeregt werden können.

Auch im nächsten Schritt wollten wir uns den konkreten Fragen und Wünschen von Eltern widmen, die von Spielgruppenleiterinnen häufig Handlungsempfehlungen zur Regulierung des Medienkonsums ihrer Kinder erwarten (im Sinne von "Wieviel Stunden darf mein Kind Fernseh gucken?").
Als Arbeitsmaterial dienten die "50 Tipps zum Medienkonsum" der ZDF-Initiative www.schau-hin.info.
Deutlich wurde, dass es keine pauschalen Antworten gibt - dennoch können solche Empfehlungen wie die von www.schau-hin.info guten Gewissens weitergegeben werden.

In der 3. Runde des Tages erarbeiteten die Teilnehmerinnen Konzepte für die Einladung und Gestaltung von Elternabenden.

Durch den Tag fürten die Teamer Lutz Debus und Bruno Neurath-Wilson.

Grobes Konzeptbeispiel für einen Elternabend im Rahmen der Familienbildung

Titel "Familie und Fernsehen" oder "Medien in der Familie"

Werbung:
Plakat mit Motiv, das jeder kennt und positiv (evtl. Biene Maja) oder negativ (evtl. Teletubbie) besetzt ist.

Teilnehmer:
Eltern von ca. zweijährigen Kindern, die den Midi-Club besuchen

Einstieg:
Filmausschnitte oder Hörbeispiele aus Sendungen mit Helden aus der Kindheit der Eltern
oder
"Gläserner Medienmensch" bezogen auf Fernsehbiographie der Eltern

Überleitung:
Rundfrage "Welche Fernseherfahrungen haben eure Kinder bisher gesammelt?"

Praxisteil:
Rollenspiel: Eltern- & Kinderrollen werden vergeben, individuell ausgestaltet, Szene aus dem Familienalltag mit und ohne TV gespielt
oder der gläserne Medienmensch - gefüllt mit Helden aus der eigenen Kindheit oder/und der der Kinder
oder Medienkuchen
oder Kleine "praktische" Arbeit, z.B. 1-Minutenfilm, Trickfilm machen
oder Gruppenarbeit zu den häufigsten Fragen, wichtigsten Problemen
mit anschließender Diskussion

Theorie:
Aufzeigen der Medienentwicklung mit anschl. Diskussion
oder 10 goldene Regeln des Medienkonsums vorstellen mit anschl. Diskussion

Kriterien zur Bewertung von Kindersendungen gemeinsam entwickeln
Dazu einen Film gemeinsam ansehen und ggfs. Broschüre "Geflimmer im Zimmer" vorstellen

Ende:
Vorstellung von Literatur und Sendungen (Video)
Broschüren mitgeben

Ziele:

  • Austausch der Eltern über den Umgang mit Fernsehen untereinander
  • Kritische Auseinandersetzung mit Medien
  • Förderung von Medienkompetenz
  • Vermittlung von Informationen zum Thema (Vorstellung Literatur + Sendungen)
  • Aufmerksamkeit auf individuelle Situationen/ Möglichkeiten individuellen Umgangs mit dem Fernsehen jenseits von (unmöglichen) Patentrezepten lenken
>> Fotoimpressionen